Aufruf von unseren kurdischen Genoss*innen

Selbstverwaltung & Selbstverteidigung aufbauen und erhalten – Solidarität mit der Rigaer94

Selbstverwaltetet Projekte in Berlin stehen seit Monaten unter einem immensen Druck. Neben der M99 und der Friedel54 wurden zuletzt die Freund_innen aus der Rigaer94 massiv vom Staat belästigt. Dabei stehen nicht nur die einzelnen Häuser, sondern emanzipatorische Ideen als Ganzes im Fokus der Angriffe. Sobald Menschen sich basisdemokratisch, hierarchiekritisch und selbstbestimmt organisieren, wird der Staat nervös. Sobald sie mehr Freiheit und das Recht auf Selbstorganisierung einfordern, zeigt sich das rudimentäre „Demokratieverständnis“ des Staates. Sobald sie ihre Freiräume verteidigen, greift der Staat zu plumper Gewalt.

Die Kämpfe in der Rigaerstraße sind auch unsere Kämpfe! Wir alle wissen und erfahren immer wieder am eigenen Leib, dass Staaten nichts von Demokratie, Freiheit und Frieden verstehen. In Berlin schickt er die Polizei, in Kurdistan das Militär und islamistische Milizen: Ziel sind alle Menschen, die freier und gleichberechtigter leben wollen, als es ihnen die zerstörerische kapitalistische Moderne erlaubt. So mussten auch unsere Freund_innen aus der Korn in Hannover vor Kurzem mit staatlichen Repressionen kämpfen.

Wir erklären uns deshalb solidarisch mit unseren Freund_innen in der Rigaer94! Unsere gemeinsamen Kämpfe für Selbstverwaltung und Selbstverteidigung werden diese Welt zu einem lebenswerteren Ort machen! Ob in Berlin, Bakur oder Rojava…:

„Gesellschaften ohne jegliche Selbstverteidigungsmechanismen verlieren ihre Identität, ihre Fähigkeit zur demokratischen Entscheidungsfindung und ihren politischen Charakter. Demnach ist die Selbstverteidigung einer Gesellschaft nicht allein auf die militärische Dimension beschränkt. Sie setzt ebenso die Bewahrung ihrer Identität, ihr eigenes politisches Bewusstsein und einen Prozess der Demokratisierung voraus. Nur dann können wir von Selbstverteidigung sprechen.“                                                                                                                       – Abdullah Öcalan
Mobi-Trailer: Tag X -Rigaer, M99, Wagenplatz Kanal bleiben!

YXK – Verband der Studierenden aus Kurdistan, 03.02.2016

Update Morddrohung & Action

Skandal, schreit es alle paar Tage durch den Berliner Blätterwald, nun ist aber der Skandal handfest Berliner Autonome rufen Orthografisch in falscherform  (haha) dazu auf, Henkel im Kofferraum zu finden…      Und jetzt auch noch das, selbst etablierte Zeitungen wie die BerlinerZeitung und der Tagesspiegel, verbreiten den Tag X 20 Uhr Kreuzberg – Aufruf.

Unterdessen sind einige Nachtschwärmer*innen fleißig:

 Auf das Jobcenter in Wedding wurde ein Farbbeutel-Anschlag verübt  Foto: Spreepicture

Das Jobcenter in der Müllerstraße wurde in der Nacht mit Farbbeuteln beworfen. An der Fassade hinterließen sie bunte Flecken. Der Staatsschutz ermittelt“ (dpa)

Ganz untergegangen ist der Presse auch der Qualitativ hochwertige Anschlag auf das BKA. Kein Skandal wert? Oder fehlt das FalseFlag schreiben wie bei der Flotwellstraße?:

„Auf das Bundeskriminalamat ist am Freitagmorgen ein Brandanschlag verübt worden. Die Täter richteten aber kaum Schaden an.

Unbekannte haben am frühen Freitagmorgen Brandsätze auf das Bundeskriminalamt in Berlin-Treptow geworfen. Von fünf Brandsätzen zündete nach Angaben der Polizei aber nur einer, der kaum Schaden anrichtete. Auch Farbbomben flogen und trafen die Wand nahe dem Fenster. Ein Taxifahrer entdeckte auf der Bouchéstraße zudem „Krähenfüße“. Die eisernen Fußangeln sollen Autoreifen beschädigen und eine Verfolgung von Tätern erschweren. Die Polizei suchte die Umgebung des Bundeskriminalamts vergeblich nach Tätern ab.“(dpa)

denken wir uns mehr aus

weiterer aufruf, gefunden auf linksunten:

In letzter Zeit hat sich der Druck auf linke und emanzipatorische Strukturen in Berlin enorm erhöht. Akut räumungsbedroht sind mittlerweile 5 Projekte, darunter der queerfeministische Wagenplatz Schwarzer Kanal, die Rigaer 94, der Köpi Wagenplatz, die Friedel 54 und der M99.

Es ist spätestens jetzt an der Zeit darüber zu reden, wie wir hier leben wollen und was es heißt für ein Leben in Freiheit und in solidarischen Strukturen zu kämpfen.

Die Friedel 54 ist bis zum 30. April 2016 gekündigt worden. Der M99 ist bereits seit dem 1. Januar 2016 in der Situation, in der jederzeit die Bullen kommen könnten um eine Räumung zu forcieren. Der M99 war bereits in den vergangenen Jahren immer wieder Angriffen von Faschist*innen und Cops ausgesetzt. Am 13.02.2016 wurde die Rigaer 94 von einem Großaufgebot von 500 Bullen gestürmt und durchsucht. Im Anschluss wurde ein Gefahrengebiet im Nordkiez ausgerufen, seitdem terrorisieren die Bullen Anwohner*innen und Besucher*innen tagtäglich mit absurden Kontrollen und Platzverweisen.

Neben den Angriffen von staatlicher Seite, nimmt auch die Gefahr zu, die von Faschist*innen ausgeht.

Viele Gründe um wieder näher zusammen zu rücken und unsere Strukturen zu verteidigen.

Viele Dinge sind bis jetzt schon passiert.

Seit der Stürmung der Rigaer 94 und dem implementierten Gefahrengebiet ist einiges in Bewegung geraten im Nordkiez und drum herum. Am 2.6 nahmen an die 5000 Menschen an der Demonstration „Rebellische Strukturen verteidigen“ teil, am selben Abend beteiligten sich 100 Menschen an einer spontanen Demo, bei der ein Quatiersmanagement in Neukölln sowie eine Streife nicht unbeschadet davon kamen. Über den vergangenen Monat haben sich zweimal mehrere hundert Menschen im Nordkiez zu einer Kiezversammlung getroffen, um über die Ausrufung eines Gefahrengebiets, die Bullenpräsenz und die Vernetzung mit den Nachbar*innen im allgemeinen zu sprechen. Schließlich gab es so einen Versuch eines Austausches nicht mehr seit der Räumung der Liebigstraße 14.

Für den M99 gibt es eine Unterstützungsgruppe, die dieses Jahr bereits eine Demo mit über 1500 solidarischen Menschen in Kreuzberg organisiert hat.

Auch die Friedel 54 und ihre Unterstützer*innen bereiten schon länger ihren Widerstand gegen eine mögliche Räumung vor. Am 5. Dezember 2015 fand bereits eine große Demonstration für den Erhalt des Projektes statt.

Aber es bleibt noch viel zu tun. Angriffe auf Projekte können sich jederzeit verschärfen und neu . Wir dürfen uns keine Zeit lassen und müssen schnell agieren. Alle sind dazu aufgerufen sich zu beteiligen.

Die verschiedensten Aktionsformen, ob Graffiti, Plakate, Videos, Texte, Sachschaden oder das Einberufen von Kleingruppentreffen oder das Anstoßen einer Diskussion über die Situation in Berlin kann ein Puzzleteil bilden, das in der Kombination, unseren Widerstand vergrößert und die Angriffe unmöglich machen wird.

Lasst uns gemeinsam jede Räumung verhindern, sie sollen keinen Fußbreit in unsere Türen setzen können.

Für kollektive und kreative Barrikaden an jedem Tag und in jeder Nacht.

Für eine gemeinsame Verteidigung all der linken und widerständigen Strukturen und Projekte in Berlin, der ZAD in Athen und an allen anderen, mit unseren Ideen verbundenen Orten.

TAG X, im Falle einer Räumung in Berlin, Kreuzberg 20:00, achtet auf Ankündigungen. Bereitet euch vor.

Mobivideo und Morddrohung!

Leftvision hat ein Mobivideo gegen die Räumung produziert:

https://www.youtube.com/watch?v=tpW-eSIDYe4

Und die Presselandschaft geeifert unterdessen über vermeintliche Morddrohung und erinnert gleich mal wieder an die RAF-Zeiten als Schleyer im Kofferraum gefunden wurde. Aber lest selbst:

BZ: https://linksunten.indymedia.org/de/node/170636

Bild: https://linksunten.indymedia.org/de/node/170633

united we stay – united we fight!

(B) Ak 36: Hände weg von unseren Strukturen! Keine Räumung des M99, des Kiezladens der Friedel 54 und der Rigaer 94!

In Zeiten stetig wachsender rassistischer Mobilmachung, der sich andeutenden Wahlerfolge der AFD und beinahe alltäglichem rechtem Terror, ist unsere Infrastruktur ein unverzichtbarer Teil der Organisation antifaschistischer Kämpfe.Während jedoch Tag ein Tag aus Geflüchtete angegriffen werden und der deutsche Mob ungestört durch die Landschaft marodieren kann, hat der Berliner Senat nur eins im Sinn: den Kampf gegen linke Strukturen auszuweiten.Vor einigen Wochen hat Henkel den Berliner Wahlkampf eingeläutet, im Schlepptau ein Großaufgebot von Schweinen um die Rigaer 94 zu stürmen.Im November letzten Jahres, pünktlich nach Rückkehr aus seinem Dauerurlaub in Vietnam erklärt Henkel schließlich den Friedrichshainer Nordkiez zum Gefahrengebiet.

Seit dem Startschuss für die politischen Hungergames häufen sich die Angriffe von staatlicher Seite auf unsere Projekte. So müssen bereits die angedrohten Räumungen der Friedel 54, des M99 und des Wagenplatzes Kanal als Teil einer lang ersonnenen Strategie und als Angriffe auf unsere Strukturen verstanden werden. Des weiteren seien die wiederholten Durchsuchungen, genannt Begehungen, der Rigaer 94 und dem einhergehenden Diebstahl diverser Gegenstände, wie Heizmaterialien und Feuerlöschern sowie die willkürlichen Schikanen im Nordkiez in Form von „unabhängigen Personenkontrollen“ zu nennen.

Die Krone wurde dem Ganzen am letzten Wochenende aufgesetzt. Nachdem einem Nazi im Abstand das serviert wurde, was ihm gebührt, rückten die Bullen erneut aus ins Gefahrengebiet. Der Straßenabschnitt rund um die Rigaer 78 wurde im Folgenden die ganze Nacht belagert, das Abstand wurde mit Amtshilfe der Feuerwehr demoliert und Anwesende mit Repressalien belegt.Friedrichshain hat eine lange Tradition des antifaschistischen Widerstandes. Nicht zuletzt gibt bzw. gab es eine extreme Dichte an Hausprojekten im Bezirk um den antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren und sich gemeinsam verteidigen zu können.

Natürlich haben sich die Zeiten geändert, jedoch fällt es auf, dass sich vermehrt wieder rechter Abschaum nach Fhain traut. So seien nur kurz die rechte Sponti im September 2015 oder auch die filmenden Wahnwichtel vor der Rigaer 94 erwähnt. Aber auch in anderen Bezirken, hat sich die Situation nicht gerade zum Besseren gewendet. So brüstete sich Bärgida vor einigen Monaten nach Kreuzberg gelaufen zu sein (Anhalter Bahnhof) und auch die AFD fühlt sich sicher genug, Info-Stände mit nur wenigen Personen abzuhalten.

Diese Beispiele sollen nicht zu einer riesigen Bedrohung aufgebauscht werden, sie sollen vielmehr aufzeigen, dass Nazis und rechte Hetzer_innen an Selbstvertrauen gewinnen und der Meinung sind, sich unbedarft durch unsere Kieze bewegen zu können.

Auch ein Blick über den Berliner Tellerrand verspricht keine schöneren Aussichten. In Hannover wurde das UJZ Korn gerazzt, in Flensburg die Luftsschlossfabrik geräumt und in Leipzig randalierten Faschos quer durch Connewitz.

Wir wissen, dass die Zeiten beschissen sind und wir würden uns gerne weniger mit uns selbst befassen. Jedoch müssen wir eingestehen, dass unsere Treffpunkte, Projekte, Räume, Häuser essenziell für unsere Zukunft sind.
Deswegen rufen wir alle dazu auf, unsere selbstverwalteten, autonomen und progressiven Räume gegen staatliche sowie neonazistische Angriffe zu verteidigen! Es liegt an uns der massiven und systematischen Offensive des Staates etwas entgegenzusetzen und die bevorstehenden Räumungen zum Desaster zu machen.

Deshalb schließen wir uns dem Tag X Aufruf an: 20:00 Uhr Kreuzberg – Achtet auf Ankündigungen!

[B] Räumungen verhindern!

Zwei Banner für Tag X

Aufruf zur Unterstützung der akut räumungsbedrohten Projekte in Berlin. Lasst uns die Räumungen zum Desaster machen…

Tag X: 20 Uhr in Kreuzberg – Achtet auf Ankündigungen!

Da schon ausführlich zu den Geschehnissen der letzen Zeit berichtet wurde, werden wir nicht mehr weiter darauf eingehen, sondern die Plattform nutzen, den konkreten Aufruf der akut räumungsbedrohten Projekte Rigaer 94, Friedel 54 und M99 zu unterstützen.

Es ist soweit, in Berlin sollen wieder einmal selbstorganisierte Räume Investorenträumen weichen.

Hierbei wird gewissenlos mit menschlichen Existenzen spekuliert. Die, die bei dem Prozess der Neugestaltung der Stadt nicht teilhaben können oder wollen, werden als störend wahrgenommen und sind somit unerwünscht. Wer sich dieser aggressiven Stadtpolitik entgegestellt wird kriminalisiert. Ein selbstbestimmtes Leben ist eine Bedrohung für dieses Gesellschaftmodell, dass auf Ausbeutung, Vereinsamung, Abhängigkeit und Unterwerfung basiert. Doch wir sehen es nicht ein, als menschliches Kapital gesehen zu werden, wo Menschen nur einen Wert haben, solange sie Profit bringen und sich den diktierten Spielregeln fügen. Wir geben unsere Stimme nicht irgendwelchen Politiker’innen, die glauben zu wissen, was das Beste für uns ist.

Lasst uns eine Bewegung entgegensetzen, die sich nicht ohne Risiko von der Straße oder aus ihren Häusern räumen lässt und am Tag X unsere Wut und unsere Leidenschaft kreativ auf die Straße tragen.

Auf allen Ebenen gegen ihre Repression.

In Solidarität mit allen unbequemen Menschen, die sich das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben nicht nehmen lassen.Haltet Augen und Ohren offen und passt aufeinander auf.

(A)

alles
  • gross
  • strecke

International Call – Berlin’s Burning

– Kurzaufruf: gegen die Räumung mehrerer Projekte in Berlin –

– short call: against the eviction of some projects in berlin (english version coming soon)-

– Polarisierende Zeiten: Vom Großen ins kleine –

Die kapitalistische Verrohung der Gesellschaft, hat in der letzten Dekade in Europa eine neue Zuspitzung erfahren: reaktionärer/rassistischer Aufschwung, Austeritäts- und Verarmungspolitik, Urbane Repression und Verdrängung, um nur einige Stichworte zu nennen. In Berlin ist all dies anzutreffen: Am Stadtrand mobilisieren „besorgte Bürger*innen“ mit Nazis Hand in Hand gegen Refugees, Armut ist mit HartzIV in einen noch besseren sozialen Käfig gezwungen worden und sammelt sich zusehends in Randzonen, Stadt wird nur noch durch eine duale Machtkonzeptionen, mit „weicher“ und „harter“ Repression gestaltet und die Mieten kann sich auch schon lange kaum Eine*r mehr leisten!

Widerständige Stachel, wie die bedrohten Projekte, stören dabei in der Stadt nur. Bei aller Unterschiedlichkeit, versuchen doch alle Projekte auf verschiedenen Arten der alltäglichen Scheiße zu trotzen, zu intervenieren und zu kämpfen! Den rebellischen Strukturen in Berlin soll ein neuer Stoß in richtung Abgrund gegeben werden, dabei sind radikale Antworten auf die Auseinandersetzungen dieser Zeit dringender den je…

Wir rufen dazu auf, mit allen Mitteln und auf allen Ebenen, gemeinsam und solidarisch die Räumungen zu verhindern! So wie die Projekte bis zuletzt ihren Widerstand in die Waagschale werfen, so wollen wir, von außen alles daran setzen, dass eine Räumung für den Staat zum Desaster wird. Klar ist, nur durch unsere Pluralität, bleiben wir Kreativ und Unberechenbar und werden wir Wege, zu neuen Ufern finden. Das heißt im kleinen, es ist vollkommen egal, ob Leute mit einer Dose los ziehen und die Stadt mit R94 & M99 etc. voll taggen, im Bezirksamt einen Flashmob machen oder ein Immobilien Auto abfackeln, wichtig ist nur der Bezug zu einander! Lasst uns diese Bedrohung umdrehen und in eine Bedrohung für den Staat wenden und den Moment nutzen uns neu kennenzulernen und zu finden.

Wir werden versuchen in den nächsten Tagen eine Struktur bereit zustellen für die Verhinderung der Räumungen. An dieser Stelle sei nochmal auf den Tag X Aufruf und Dezentrale Konzepte Text verwiesen! Der unten genannte Blog, soll eine Plattform sein für Aufrufe, Texte und Auswertung, Aktionen aller Art dokumentieren und Struktur stellen.

Verhindern wir gemeinsam und solidarisch, die Räumungen von M99, Köpi Wagenplatz, Friedel54 und Rigaer94!

Bei Räumung, TagX 20Uhr Kreuzberg                                                 

1 Millionen Sachschaden und Henkel im Kofferraum! Berlin’s Burning!

Autonome Gruppen – berlinsburning.noblogs.org

Dezentrale Konzepte in Henkels Vietnam

Fünf Jahre sind seit der Räumung der Liebig 14 vergangen, vom damals erprobten dezentralen Konzept ist nicht viel übrig geblieben. Trotzdem glaubt Innensenator Henkel erklären zu müssen, dass Friedrichshain nicht zu seinem Vietnam werde. Was ist seither geschehen?

 

2. Februar 2011, auf die Räumung der Liebig 14 reagieren autonome Zusammenhänge mit einem dezentralen Aktionskonzept. Der Termin war angekündigt worden und absehbar war auch, dass sich Menschen in dem Haus verbarrikadieren würden und der Widerstand direkt davor auf ein überlegenes Polizeiaufgebot treffen würde. Mehrere Aufrufe bewarben ein dezentrales Vorgehen, um einerseits die Bullenkräfte zu zerstreuen und auch durch einen hohen Sachschaden den politischen Preis für Häuserräumungen in die Höhe zu treiben.

 

In der Nacht vor dem Räumungstermin ging’s los (Link zum etwas umständlichen Blog), an vielen Stellen in Berlin brannten Autos und splitterten Scheiben. Zwischendurch gab es kleinere Auseinandersetzungen in der Umgebung der Liebigstraße, dann folgte abends eine größere Demonstration, die sich nach Steinwürfen wieder in dezentralen Aktionen auflöste und die Bullen noch weitere Tage vorführte.

RBB Abendschau vom 03.02.2011

 

Soweit sie bekannt wurden, sahen alle Auswertungen aus dem linksradikalen Spektrum dieses Vorgehen als Erfolg und auch die Gegenseite musste ihre Unfähigkeit, diese Widerstandsform zu verhindern, einräumen. Die abgesagte Räumung des Schokoladens wenig später dürfte auf die Angst vor ähnlichen Störungen zurück zu führen sein.

 

Im Februar 2013 wurde bei der Zwangsräumung der Familie Gülbol in der Lausitzer Straße in Kreuzberg von mehreren Hundert Menschen versucht, den Einsatz der Cops direkt vor Ort zu stoppen. Andere setzten auch wieder auf das dezentrale Konzept, woran sich zwar nicht mehr so viele Zusammenhänge, wie zwei Jahre zuvor, beteiligten, jedoch war der politische Preis für die Autoritäten hoch und durch überdehnte Raumschutzmaßnahmen der Polizei entstanden Handlungsspielräume.
Die Belagerung des gleichen Teils von Kreuzberg im Juni 2014, mit der die Polizei eine Räumung der GHS in der Ohlauer Straße erreichen wollte, ging für Senat und Bezirk nach hinten los. Zwar hielten sich viele Menschen tagelang vor den Absperrungen auf und erlebten Ohnmachtsgefühle, andererseits entwickelten sich immer wieder dynamische Situationen und dezentral agierende Gruppen verursachten Rauchsäulen und Scherben.

 

13. Januar 2016, „Operation Maddox“ in der Rigaer Straße
Wenn wir die weiteren Entwicklungen und Stellungnahmen aus der Berliner Polizeiführung und des Innensenators kritisch hinterfragen, sieht es so aus, als ob der Kontaktbereichsbeamte, der an jenem Tag am Dorfplatz vergeblich versuchte Personen festzuhalten, ungefähr die Rolle spielte, die der US-Zerstörer Maddox am 2. und 4. August 1964 im Golf von Tonking hatte, nämlich einen Angriff provozieren oder erfinden, wenn dieser nicht erfolgt. Für die Herrschenden ist es zur Legitimierung immer wichtig, wenn sie aus einer eindeutig überlegenen Position einen deutlich unterlegenen Gegner angreifen, ihre Untertanen, an deren Verlässlichkeit sie zweifeln, von einer Notwehrhandlung zu überzeugen.
Der US-Zerstörer Maddox wurde nicht im Golf von Tonking angegriffen, wie Jahre später auch Regierungsstellen einräumten. Der Vietnamkrieg wurde trotzdem mit dieser Begründung gestartet.
Der Kontaktbereichsbeamte in Friedrichshain wurde auch nicht verletzt, für den folgenden Sturm der 500 Bullen auf die Rigaer 94 reichte die Behauptung aus.
Was das miteinander zu tun hat?

 

Eigentlich wenig, wenn nicht Innensenator Henkel versichert hätte, die „Rigaer Straße ist nicht mein Vietnam!”
Losgelöst von der Realität und unter einem militärischen Blickwinkel erklärte der Innensenator im Abgeordnetenhaus: “Lieber ein paar Beamte mehr einsetzen als am Ende die Kontrolle über die Lage zu verlieren”. Polizeipräsident Kandt und er seien sich einig, dass man sich nicht wieder auf Straßenschlachten mit der linksradikalen Szene einlassen wolle.
In dieser Eskalationsbereitschaft findet sich nicht die exzentrische Sicht von Henkel oder den Polizeigewerkschaften, sie spiegelt lediglich den aktuellen Stand in der Aufstandsbekämpfung der EU wieder.

 

Was sich die Bürokratie unserer Sicherheitsgesellschaft für Schweinereien ausgedacht hat und als Einsatzpläne auf dem Dienstweg durchreicht, wissen wir nicht, lesen aber die Unsicherheit in den Phrasen von Henkel und Kandt, ob ihnen das ganze nicht doch noch um die Ohren fliegen kann.

 

Aus Solidarität war es sicherlich gut, dass am Abend des 13. Januar Menschen an den Absperrungen in der Rigaer Straße standen, viel mehr als Ohnmacht blieb ihnen aber nicht übrig und wäre nicht jetzt oder in den folgenden Tagen und Nächten ein dezentrales Konzept angebracht gewesen? Sei es, um die Bullenkräfte bei ihrem Ausnahmezustands-Manöver im Friedrichshainer Nordkiez zu überspannen oder um einen politischen Rechtfertigungsdruck auf die Entscheidungsträger zu entwickeln?
Indes passierte nicht so viel, zu mehr als einer Aktion pro Nacht konnten sich die Kleingruppenstrukturen dieser Stadt nicht bewegen.

 

Gab es Zweifel an der politischen Bestimmung dezentraler Aktionen?
Die politischen Entscheidungsträger und ihre ausführenden Organe sind dazu verdammt jeden Einsatz später als Erfolg darstellen zu können. Ein Motiv ihrer Handlungen ist die Notwendigkeit, sich ihren Wähler*innen als geeignete Vollstrecker eines Mehrheitswillens anzubieten. Dieser Mehrheitswille könnte schwanken und Innensenator und Polizeipräsident können ungeeignet erscheinen, wenn ihr Vorgehen hohe Sachschäden verursacht; sie könnten vernünftiger abwägen, ob die von ihnen beherrschte Stadt einen Raum wie die Liebig 14, den M99, die Friedel 54, die Köpi, etc. ertragen kann oder nicht.
Das sture Beharren auf dem Eigentumsrecht des Suitbert Beulker (Besitzer der L14) in Bezug auf die Liebig 14 hat vor fünf Jahren nicht eben zur Popularität des damaligen Innensenators Körting und Pol.Präs. Glietsch beigetragen.
Polizeiliche Mobilisierungen gegen Projekte waren schon immer von medialem Getöse begleitet, in den 80ern wurde die Hafenstraße in Hamburg als Zentrale der RAF bezeichnet, die Wagenburgen in den 90ern wurden mit der Begründung der Seuchengefahr geräumt, Squats galten früher als Fluchtburgen der Kriminellen und meistens muss, fast wie in Vietnam, die Bevölkerung befreit werden, im Görli von dealenden Geflüchteten und zur Rigaer behauptet Jan Stöß (SPD): “Die Menschen im Kiez haben von dieser Hobbyguerilla die Nase voll.”.

 

Gab es Zweifel an der taktischen Bestimmung dezentraler Aktionen?
Menschen sind empört über das Machtgebaren einer Institution und begeben sich zum Tatort. Dort stehen sie einem zahlenmäßig überlegenen Gegner gegenüber, wer pöbelt oder eine Maßnahme stört, wird festgenommen. Je mehr Wannen den eigentlichen Einsatz verlassen müssen, um zu anderen Brennpunkten zu eilen, desto geringer wird der Druck zum Beispiel auf die Rigaer 94 oder GHS. Dort, wo die Polizeiführung immer mehr Reserven in den Einsatz schickt, um einen Punkt zu kontrollieren, entstehen an anderen Orten Lücken, die Präsenz nimmt ab und Randalierer*innen, Schmierer*innen oder Einbrecher*innen können ihrem Handwerk nachgehen.
Wir müssen uns die Polizeidichte in Berlin wie eine Decke vorstellen, wird sie gefaltet, um an einer Stelle besonders gut zu wärmen, liegt die Stadt woanders frei.

Mit seinen Forderungen nach immer neuen Sonderkommissionen und dem Abzug der Bullen vom Görli, um in der Rigaer eingesetzt zu werden, hat sich ein gewisser Tom Schreiber bereits als unser strategischer Freund beworben. In den Vietcong-Bunkern Friedrichshains werden die Sektkorken knallen, falls dieser Gimpel das Amt des Innensenators übernimmt.
Das eine militärische Denkweise in der Innenpolitik vorhanden ist, beweist das Gerede im Abgeordnetenhaus von Vietnam oder nicht Vietnam in der Rigaer Straße. Wo der Staat einen inneren Konflikt mit einer Vermischung von polizeilichem und militärtaktischem Vorgehen bereinigen will, dürfen wir dieser Eskalationsstufe nicht folgen. Sicher, wenn sich viele Menschen auf eine direkte Konfrontation einlassen wollen, sind weder Blockaden noch Strassenschlachten abzulehnen, im Gegenteil. Aber wo wir im personellen Aufrüsten keine Chance haben, müssen entweder ausschließlich oder zusätzlich dezentrale Angriffe stattfinden.

Sich auf direkte Auseinandersetzungen mit den Bullen um einen bestimmten Raum einzulassen macht nur Sinn, wenn dafür eine Grundstruktur vorhanden ist, wie sie die Köpi mit einem internationalen Aufruf zur Verteidigung des Wagenplatz schaffen könnte. Die Menschen der ZAD (Zone À Defendre) bei Notre-Dames-des-Landes, zu deren Repertoire auch dezentrale Angriffe gehören, formulieren es so:

 

„In und um die ZAD: – Kommt den Widerstand in der Zone zu unterstützen und sicherzustellen, dass wir nicht eingekreist oder abgeschnitten werden
– Stört die Check-Points und die Bewegungen der Polizei und stellt die Zirkulation der Unterstützenden und Nachschübe sicher.
In der Region: – Vom ersten Tag der Operation an, werden koordinierte Aktionen durchgeführt, die Straßen blockieren, ob nun Zugangspunkte zur Zone oder die Hauptverkehrsadern und strategischen Punkte der Region. Weiterhin wird es Besetzungen von “Orten der Macht” geben (Regierungs- oder private Betreibergebäude und -Büros, Polizeiwachen usw.)
– Nachtlärmdemos vor den Hotels, wo die Polizei und militärische Polizei schläft.
– Für den ersten Abend ist der Treffpunkt für verschiedene Aktionen und Blockaden vor den Polizeiwachen um 18 Uhr.
– Eine große Demo in Nantes eine Woche nach der Intervention
Außerhalb der Region: – Aufruf um “Orte der Macht” zu besetzen oder lokale Aktionen zu planen, die den Kapitalfluss verlangsamen. Diejenigen, die können, sollen zur ZAD kommen, um sie zu verteidigen.“

 

Ständiges Ziel polizeilicher Großeinsätze ist es, den aufsässigen Elementen ihre Chancenlosigkeit zu beweisen. Dies wird erreicht, indem die Bullen den Zeitpunkt, den Ort und das Konfliktniveau bestimmen. Darauf dürfen wir uns nicht einlassen! Wir müssen selbst genau diese Kriterien für unsere Aktionen bestimmen: Zeitpunkt, Ort und Konfliktniveau.

 

Wir müssen auch einen Ausweg aus den sinnlosen Mobilisierungen zu den wöchentlichen Gida-Demonstrationen finden. Damit wurde unserem Spektrum viel Energie abgesaugt, wobei wir uns grundsätzlich unter den Bedingungen des Gegners wiederfanden. Durch ein beständigeres Agieren in Kleinstgruppen und in risikoarmen, dezentralen Bereichen, werden mit Sicherheit auch wieder mehr grössere und handlungsfähige Bezugsgruppen entstehen.

 

Die Vorbereitung für Tag X, Räumung des M99, der Friedel 54 oder des Köpi-Wagenplatzes fängt jetzt an. Wir sollten uns Ziele anschauen, die wir mit zwei bis drei Leuten angreifen können. Es muss nichts Spektakuläres sein, die Masse macht’s.
Die Cops werden vieles nicht an die Presse melden, um kein positives Feedback zu geben.
Wir aber wissen, wenn zum Beispiel in Randbezirken zahlreiche Wall-Bushaltewerbefenster eingeknallt werden, müssen die Bullen dort patrouillieren, wo sie sonst kaum zu sehen sind. Wie mögen sie das finden, wenn sie dann in Reinickendorf in einen Hinterhalt geraten? Oder wenn sie ständig zu fingierten Alarmen eilen? Und dabei womöglich noch in Krähenfüsse fahren?

 

Vor zwei Jahren erschien ein Bericht über die Ausbildung der brasilianischen Todesschwadrone BOPE durch deutsche Polizeibehörden, damit diese besser Aufstände in den Favelas von Rio de Janeiro niederschlagen können. Die aktuellen Kommentierungen Berliner Sicherheitspolitiker und der martialische Einsatz in der Rigaer Straße lassen befürchten, dass die Unterstützung nicht einseitig war und brasilianische Bullen ihr Know-How an deutsche Kollegen weitergaben.

 

Zeigen wir ihnen, dass sie diese Auseinandersetzung nicht gewinnen können!
Dezentrale Konzepte für Tag X vorbereiten!
Polizeistaat und Militarismus ihr Vietnam bereiten!

Quelle: https://urbanresistance.noblogs.org/dezentrale-konzepte-in-henkels-vietnam/